«Eine Legende tritt ab»

Fast 20 Jahre hat er an den St. Moritzer Skiweltcuprennen und Ski-Weltmeisterschaften an vorderster Front mitgewirkt. Aber nun ist Schluss. Wir haben Logistiker Beat Fink an seinem letzten Arbeitstag am Berg getroffen.

Beat Fink

Ein super Typ. Menschen wie Beat Fink beschreibt man wohl am besten so. Es sind die, die einen nie im Stich lassen. Die, die immer alles zum Laufen bringen. Die, die man bei Turbulenzen im Flugzeug am liebsten neben sich hätte. Keine Superhelden, aber irgendwie trotzdem unsterblich. Optimistisch bis in die letzte Ader, im Sinn der Sache kritisch und hart, aber immer gerecht und respektvoll. Menschen, die sich zum Arbeiten nicht zu schade sind und trotzdem – oder gerade deswegen – das Leben lieben und geniessen. So macht Beat Fink in Arbeitskleidern am Berg eine ebenso gute Figur wie im Armeeoutfit oder in Segelklamotten. In Zukunft wird er am meisten in letzteren anzutreffen sein. Denn Leute wie er wissen, wann Schluss ist – nämlich heute.

An seinem letzten Arbeitstag am Berg koordiniert er als Verantwortlicher des Armee-Einsatzes die Soldaten, die das Material des Skiweltcup-Finals wegtransportieren.

Die jungen Soldaten gehorchen dem energiegeladenen 63-Jährigen aufs Wort. Nicht nur, weil er Oberstleutnant ist, sondern weil alles, was er sagt, Hand und Fuss hat. Kommandieren, kontrollieren, korrigieren. Fink hat schon immer nach diesen drei Militärprinzipien geführt. „Wenn man das so macht, die Leute arbeiten lässt und Geduld hat, kommt’s gut. Und dann muss man auch immer etwas menschlich sein“, sagt er. In der Tat: Der Mann hat Humor, wie das Schild mit der Aufschrift „Fink Corner“ beim Eingang seines Büros am Berg beweist. Vor der Ski-WM 2003 wollte Fink auch mal ein schickes Fahrzeug des Auto-Sponsors fahren. Doch auf dem Weg nach Suvretta war er für einmal nicht achtsam genug, verbremste sich auf der schneebedeckten Fahrbahn und rammte einen Stein am Wegrand. Finks Kollegen beschilderten die Kurve daraufhin mit der Aufschrift „Fink Corner“ – während der ganzen Ski-WM. „Wir waren jahrelang ein super Team, jeder konnte sich auf jeden verlassen – und wir hatten es oft lustig“„Wir waren jahrelang ein super Team, jeder konnte sich auf jeden verlassen – und wir hatten es oft lustig“, beschreibt Fink die gute alte Zeit.

 

Nach fast 20 Jahren und auf die Ski-WM 2017 hin werden die Kader der St. Moritzer Rennen aufgefrischt. Für Fink der richtige Zeitpunkt, um seinen Spint zu leeren. Bis Juli arbeitet er noch im Ski-WM-Büro als Bereichsleiter Militär und Stellvertreter des Logistik-Chefs, dann hört er definitiv auf. An der WM selbst wird er zwar sicher in irgendeiner Form als Voluntari im Einsatz stehen – aber grosse Verantwortung will er nicht mehr tragen. In all den Jahren hat er genug davon gehabt – in der Unteroffiziersschule, in der Küche als Chef de Partie, als Hoteldirektor, als OK-Mitglied der St. Moritzer Skiweltcuprennen und der Ski-WM 2003, des Engadin Skimarathons und von Bob-WMs, in seinem 26-jährigen Armee-Job als Zeughaus-Chef in S-chanf oder als Vize-Präsident des Segelclubs St. Moritz. Ausserdem wird an den Rennen immer mehr gefordert – während die Ressourcen immer kleiner werden. Die Armee schickt nicht mehr so viele Soldaten und Material wie früher, die heutige Berufswelt macht es immer schwieriger, Voluntaris zu rekrutieren. Und es geht immer mehr um die bestmögliche Show für die Medien. Fink ist in all den Jahren immer mit der Entwicklung mitgegangen, ein Showman ist er indes nie geworden; er mag es ehrlich und pragmatisch. Und manchmal eckt er damit auch an – wie letzten Winter, als er für seine Crew eigene Arbeitskleider wünschte, weil die offiziellen vom Sponsor zwar schön, aber „nur zum Skifahren und für den Gang vom Büro ins VIP-Zelt“ geeignet waren. 

 

Während seinen 485 Diensttagen am Berg hat Beat Fink Vieles erlebt. Besonders schön war jeweils der Kontakt zu den Athleten. Diese haben die direkte, schnörkellose Art des Wahl-St. Moritzers immer geschätzt und sich oft für die Arbeit seiner Truppen bedankt. Besonders stolz ist Fink, dass er Lara Gut, damals sechzehn Jahre jung, bei ihrem ersten Podestplatz überhaupt an der Siegerehrung einen Blumenstrauss übergeben durfte. Und dennoch: Sein Lieblings-Skiheld ist und bleibt Bernhard Russi. Als dieser 1970 in Gröden Weltmeister wird, fährt der im Solothurner Jura aufgewachsene Fink auf den Balmberg und will es ihm gleichtun – statt auf dem Podest landet er aber im Tiefschnee neben der Piste. Die Passion fürs Skifahren hat er trotzdem nie verloren. Und in den Jahren sind jene fürs Segeln und Bergsteigen dazugekommen, die ihm viele Perspektiven für die Zukunft bieten: Auf den höchsten Berg Argentiniens, den Aconcagua, will er. Peru und Nepal stehen auch auf der Liste. Darüber hinaus eine Atlantik-Überquerung mit dem Segelschiff und Regatten in der Karibik. Das alles bei Klängen von James Last und Ländler-Musikanten, letztere ganz zum Ärger seiner Lebenspartnerin. Was sich Fink als Abschiedsgeschenk wünscht? Dass die Restaurants und Hotels in St. Moritz während der anstehenden Ski-WM moderate Preise verlangen – damit sich alle einen WM-Besuch leisten können. Statt eines „Fink Corners“ hätte Mister Logistik dann schon fast eine Statue verdient

 

Von Fabrizio D'Aloisio, St. Moritz

Beat Fink
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