«Man soll spüren: St.Moritz is back!»
Hans Peter Danuser von Platen hat von 1978 bis 2008 als Kurdirektor St. Moritz wie kein anderer geprägt. Der umtriebige «Mr. St. Moritz» wurde mit seinen aufsehenerregenden Ideen dabei zur bekanntesten Tourismus-Ikone der Schweiz. Im Interview lässt er die letzten St. Moritzer Ski-WMs Revue passieren und sagt uns, wieso die anstehende Austragung für den Ort so wichtig ist.
Wir treffen uns an einem Morgen Ende August im Hotel Waldhaus am See in St. Moritz. Die berühmte St. Moritzer Sonne macht ihrem Namen alle Ehre und der türkisblaue St. Moritzersee glitzert durch die grossen Fenster des Hotels. «Das ist mein Lieblingsblick auf St. Moritz, deshalb habe ich ihn für das Cover meines Buchs «St. Moritz einfach» verwendet.» Hans Peter Danuser, der seit der Hochzeit mit seiner Frau Amelie-Claire den Zusatz «von Platen» im Namen führt, schwärmt acht Jahre nach seinem Amtsabgang als Kurdirektor immer noch von St. Moritz.
Hans Peter, es ist schwer vorstellbar, dass es mal eine Zeit gab, in der Du St. Moritz nicht einmal gekannt hast.
Das war bis 1974 in der Tat der Fall. Ich habe St. Moritz während meines Militär-Einsatzes als Leutnant an der Ski-WM 1974 kennengelernt. Unser Auftrag war, die Tal- und Bergstation der Signalbahn mit scharfer Munition zu bewachen. Das war damals, zwei Jahre nach dem Olympia-Attentat in München, auch nötig. Nie hätte ich gedacht, dass ich 1978 als Kurdirektor nach St. Moritz zurückkehren würde.
Wie hast Du den Ort bei Amtsantritt vorgefunden?
Die 70-iger Jahre waren eigentliche Boomjahre. St. Moritz zehrte aber noch von der Ski-WM 1974 und hatte bereits rückläufige Zahlen. Verbier und Crans-Montana waren sehr aktiv – während St. Moritz nur noch wenig für den Skirennsport machte. Deshalb mussten wir Jahre später mehrere Male kandidieren, bis wir die Zusage für die Ski-WM 2003 erhielten.
Wo stand St. Moritz 2003 im Gegensatz zu den Siebzigern?
St. Moritz war damals, kurz nach dem Millennium, am Zenit des Erfolgs, noch viel mehr als 1974. Der Ort war imagemässig weltweit die klare Nummer eins, wenn es um Bergferien ging.
Und die Ski-WM wird für einen weiteren Bekanntheitsboost gesorgt haben.
Auf jeden Fall. Neben der Kommunikation von St. Moritz als Wintersportort konnten wir das Thema Nachhaltigkeit mit St. Moritz in Verbindung bringen. Unser Projekt «Clean Energy St. Moritz» war während der WM mit dem Windrad direkt neben der Abfahrtspiste und 180 Solarpanels entlang der Corvigliabahn für die ganze Welt sichtbar. CNN und BBC World brachten Hintergrundstories zum St. Moritzer Nachhaltigkeitsdenken. Das war wichtig für die Markensubstanz von St. Moritz. Ich referiere heute noch auf der ganzen Welt darüber, sogar in China. Rückblickend war das für St. Moritz fast so bedeutend wie der Sport.
Ist auch für die Ski-WM 2017 das Thema Nachhaltigkeit wichtig?
Ja, man hat sehr viel getan. Der Unterschied zu 2003 ist, dass man es kaum mitkriegt, was eine reine Kommunikationsfrage ist. 2003 besuchte ein paar Monate nach der WM sogar Bundesrätin Michelin Calmy-Rey die Eröffnung der Clean Energy Tour und referierte auf Corviglia. Sie war mit dem Bundesratsjet unterwegs nach Jordanien zu König Abdullah und legte einen Zwischenstopp im Engadin ein. Wohl deshalb sprach sie immer vom Abdullahpass, statt vom Albulapass! (lacht)
Was brachte die Ski-WM 2003 dem Ort ausser Bekanntheit und Image?
Sie hat im Vorfeld für viele Infrastrukturen gesorgt, die St. Moritz total aufgerüstet haben. Ohne den Druck der Ski-WM hätte man viele Bewilligungen nie erhalten, z.B. für die künstliche Beschneiung von Pisten.
Es fahren immer weniger Menschen Ski. Ist es richtig, heute noch in den Wintersport zu investieren?
Erst recht! Wenn man auf der Höhe von St. Moritz ist, muss man auf Ski- und Snowboardsport setzen. Der Skisport ist eine der St. Moritzer Kernkompetenzen und ein Volumengeschäft. Der Ort steht wie kein anderer für «Skiing at it’s best in jeder Hinsicht». Nicht nur vom Sport her, sondern auch vom Lifestyle.
Die St. Moritzer Logiernächte sind in den letzten acht Jahren um 35 % zurückgegangen. Inwiefern kann die Ski-WM 2017 diesen Trend stoppen?
Die Ski-WM ist eine grosse Chance, St. Moritz wieder in den Köpfen zu etablieren. Ihre Bedeutung ist aber nicht mehr wie im 2003, ein Statement abzuliefern. Dieses Mal geht es um die Hörner, um einen Turnaround. Man muss versuchen, den Schwung und die Kraft der Ski-WM mitzunehmen. Man soll spüren: St. Moritz is back! Man muss versuchen, den Schwung und die Kraft der Ski-WM mitzunehmen. Man soll spüren: St. Moritz is back!
Sind Events im Allgemeinen noch dafür geeignet, eine Marke wie St. Moritz zu kommunizieren?
Absolut. Events sind dann wichtig, wenn sie die Kernkompetenzen des Orts inszenieren. Und sie müssen Spass machen, unterhalten und locker sein. So wie das Skiweltcup-Finale dieses Jahr, das als gelungene WM-Hauptprobe bezeichnet werden kann.
Du sprichst immer noch wie ein Kurdirektor. Was wäre dein Tourismusrezept, wenn Du wieder im Amt wärst?
Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. St. Moritz muss wieder auf der Karte sein. Und zwar in einer lockeren Art, die die Einzigartigkeit des Orts kommuniziert. Primär über das Internet, denn heute findet alles dort statt.
Wo steht St. Moritz in 15 Jahren?
Wie beim Millennium wieder an der absoluten Spitze der Ferienorte in den Bergen.
Welchen Ausflug-Tipp gibt «Mr. St. Moritz» den Besuchern der Ski-WM 2017?
Den Blick von Muottas Muragl auf die Seenregion muss man erlebt haben. Am besten fährt man dann mit dem Schlitten zurück ins Tal oder läuft dem Philosophenweg entlang – ein grossartiger Kontrast zum Rummel im Zielgelände der Ski-WM!
Rechtzeitig zu den fünften Alpinen Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz erscheint Hans Peter Danusers Buch «St .Moritz einfach – Erinnerungen ans Champagner-Klima» als E-Book und in aktualisierter und erweiterter zweiter Auflage im September 2016. Darin sind auch die St. Moritzer Ski-Weltmeisterschaften ein Thema. Das Buch erscheint im Somedia Buchverlag, ist im Handel erhältlich und online bestellbar.
Text: Von Fabrizio D'Aloisio, St. Moritz
Foto: Rolf Canal