«Stets zu Diensten»
Das Organisationskomitee der Ski-WM 2017 unterhält ein kleines Heer an freiwilligen Helfern, den sogenannten Voluntaris. Wir haben drei von ihnen getroffen, die schon an den St. Moritzer Weltmeisterschaften 1974 und 2003 im Einsatz gestanden sind.
Eins ist sicher: Ohne freiwillige Helfer wären Grossveranstaltungen wie Skiweltcup-Rennen und Ski-Weltmeisterschaften undenkbar. Auch in St. Moritz, wo die Organisation "Voluntari Engiadina" sämtliche Ski-Wettbewerbe mit ihren rund 1'700 registrierten Helfern unterstützt. St. Moritz kommt dabei zu Gute, dass viele Voluntaris schon an der letzten Engadiner WM dabei waren und entsprechende Erfahrungen mitbringen. Einzelne können sogar von sich behaupten, an der WM 1974 dabei gewesen zu sein: Zum Beispiel Toni Schgör (1937, Chauffeur), der an der letzten WM über 7'000 Autokilometer zurückgelegt hat. Oder Walter Mändli (1950, Sicherheitsaufbau), der die WM-Fahne bei sich zu Hause am Rheinfall aufgehängt hat. Oder Giulio Quadroni (1944, Pistendienst), der vor einigen Jahren mit einer Engadiner Voluntari-Delegation sogar als Helfer an der WM im schwedischen Are dabei war. Die drei erfahrenen Voluntaris haben mit uns über ihre Einsätze gesprochen. Nachfolgend einige O-Töne.
"Das Wort Voluntari bedeutet für mich vorwiegend Kameradschaft. Ich habe in all den Jahren viele Freundschaften geknüpft, die heute sogar über die Landesgrenzen hinaus bestehen."
"Wir haben sehr gute Junge, die nachkommen. Aber sucht mal einen Jungen, der zwei Wochen am Stück im Einsatz steht."
"Das Wetter ist entscheidend für eine gelungene WM – es macht mindestens 50% des Erfolgs aus."
"Junge Leute könnten von einem Voluntari-Einsatz viel lernen. Jeder sollte mal das Gefühl erlebt haben, um fünf Uhr morgens auf den Berg zu gehen und zehn Stunden am Stück körperlich zu arbeiten."
"1974 mussten sich die Athleten punkto Sicherheit auf Staketenzäune und Strohballen verlassen. Aus heutiger Sicht undenkbar."
"Ich habe 1974 in der Verpflegung gearbeitet. Wir verkauften ein paar Bratwürste und unsere Frauen strichen morgens um fünf Uhr Brötchen für die Zuschauer. Heute haben sogar die Voluntaris eine bessere Verpflegung, von den Zuschauern ganz zu schweigen."
"Wenn man später Kinder hat, kann man sagen: Bei diesem Event war ich dabei! Wir reden in der Familie und an den Stammtischen immer noch viel über meine Voluntari-Einsätze. Das Schlechte vergisst man dabei, dafür ist das Positive umso präsenter eingebrannt."
"Früher war es einfach, Voluntaris zu rekrutieren. Lernende mit 45 Franken Monatslohn konnten sich keine Ferien leisten. Für sie war ein solcher Einsatz fern von den Eltern eine mehr als willkommene Abwechslung."
"Mein Highlight war 2003, als es hiess: Die ganze Gruppe an den Start der Männerabfahrt und Runterrutschen. Wir hielten uns an einem Seil und rutschten den freien Fall hinunter. Bevor ich die Startplattform verliess, musste ich einige Male leer schlucken - und mein Herz rutschte in die Hosen."
"Unsere Arbeitgeber haben uns 1974 und 2003 für den Voluntari-Dienst eine Ferienwoche geschenkt. Obschon das heute fast undenkbar ist, sollten Arbeitgeber genau das wieder tun. Schliesslich ist eine Ski-WM ein Schaufenster für die ganze Schweiz."
"Wenn man während der WM 1974 im Ausgang war, traf man Athleten auch morgens um zwei Uhr mit einem Gläschen Wein in der Hand. Heute liegt das im Spitzensport nicht mehr drin."
"Die besten Rennfahrer aller Zeiten? Franz Klammer, Pirmin Zurbriggen, Vreni Schneider, Gustavo Thöni, Alberto TombaDie besten Rennfahrer aller Zeiten? Franz Klammer, Pirmin Zurbriggen, Vreni Schneider, Gustavo Thöni, Alberto Tomba. Und Didier Cuche, der war sensationell, auch gegenüber uns, er hat sich immer für unseren Einsatz bedankt."
"1974 hatten wir wohl die schönste Voluntari-Uniform überhaupt. Sie war silber-grau und dazu gab’s eine SKA-Mütze. Meine Frau wollte die Uniform vor Jahren entsorgen, aber ich habe ihr sofort gesagt: die bleibt."
"Wenn ich einen Tag König des Engadins wäre, würde ich ein Abfahrtsrennen mit Massenstart auf dem Piz Nair machen und Ziel auf dem St. Moritzersee. Das wäre mal was!"
"2003 war der Zusammenhalt unter den Voluntaris grossartig. Man hat alles füreinander gemacht. Ich musste einmal am Sonntagabend nach Innsbruck fahren, um 700 Akkreditierungskarten zu holen. In der Nacht um 23 Uhr wollten sie mich beim Zoll nicht damit durchlassen. Ski-WM-CEO Gian Gilli hat das dann mit einem Anruf geregelt."
"An der WM 2017 machen wir alle noch mit. Danach möchten wir uns in kleinerem Rahmen weiter für die St. Moritzer Skirennen engagieren. Man muss dabei aufpassen, dass man den Abschluss nicht verpasst, wenn viele der 2003er Generation aufhören. Die wissen nämlich wie der Hase läuft und haben in den letzten Jahren oft Führungspositionen innegehabt."
"Wenn man weiss, dass das Wetter um 14 Uhr besser wird, bringt das nicht viel, wenn die Medien nicht mitmachen. Manchmal könnte man ja Bayern München einfach eine Stunde später zeigen..."
"An den Behinderten-Weltcups ist die Dankbarkeit der Athleten gegenüber den Voluntaris enorm. Deshalb sind das für uns eigentlich die schönsten Rennen. Der Willen, der da gezeigt wird, geht über alles hinaus."
"St. Moritz ist zu abgelegen für Tagestouristen. Deshalb haben andere Schweizer Rennen mehr Zuschauer. 2003 war am Berg eine super Stimmung, im Vergleich zu 1974 lief aber im Dorf nicht viel. Früher gab es im Ortszentrum viel mehr Lokale in denen man tanzen konnte. Vielleicht waren wir damals aber auch nur jünger..."
"Der Stimmung in Zielraum würde es gut tun, wenn man wieder volkstümliche Musik bringen würde – so wie in Österreich. Den DJ Ötzi sollten wir holen!"
Von Fabrizio D'Aloisio, St. Moritz
Voluntaris für die Ski-WM 2017 gesuchtVoluntaris für die Ski-WM 2017 gesucht
Das OK der Ski-WM 2017 sucht noch Leute, die mit Leib und Seele die Ski WM 2017 in St. Moritz unterstützen wollen. Voluntari-Einsätze sind in den Bereichen Rennorganisation, Logistik, Verpflegung, Bauten und Technik, Voluntari, Marketing/Zeremonien/Ticketing sowie PR/Medien möglich. Alle Informationen sowie das Anmeldeformular sind unter www.voluntari.ch zu finden
Wie Voluntari Engiadina entstanden ist
Im Hinblick auf die FIS Alpine Ski WM 2003 in St. Moritz wurde im Jahr 2000 die Freiwilligen-Organisation "Voluntari Engiadina" ins Leben gerufen. Sie entwickelte sich in den Welt- und Europacup-Rennen der beiden Vor-WM-Winter zu einem schlagkräftigen Helferteam. Während der WM 2003 standen rund 450 Frauen und 850 Männer zwischen 13 und 86 Jahren aus 14 Ländern im Einsatz. Der grosse Erfolg der Ski WM 2003 basierte auf der ausgezeichneten Stimmung unter den Voluntaris und deren Hilfsbereitschaft.