«Mit Selbstvertrauen und Überzeugung ist vieles möglich»
Daniel Albrecht war schon früh ein Goldkind. An der Junioren-Weltmeisterschaft 2003 in Serre Chevalier gelang ihm ein grosser Wurf: Dreifach-JO-Weltmeister! (Gold in der Abfahrt, im Riesenslalom und in der Kombination – und übrigens noch Silber im Slalom.) In der Selbstwahrnehmung rechnet Albrecht diesen Erfolg mit fast 20 Jahren zwar gar nicht als so früh ein, jedoch habe ihm die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und folglich der daraus entstandene Kontakt zu Verbänden und Sponsoren den weiteren Weg geebnet.
«Die Saison lief gut und ich hatte das Gefühl, es könne mich nichts aufhalten. Ich wusste, dies wird das letzte Mal sein, dass ich an Junioren-Weltmeisterschaften dabei bin. So sagte ich mir: ‹Das ist meine WM, ich will gewinnen!› Wir waren ein extrem starkes Team mit einer einzigartigen Dynamik. Das schafft grosses Selbstvertrauen.»
Vom ganzen Rummel liess sich Daniel Albrecht nicht irritieren. 2003 und 2005 nahm er schon an Weltmeisterschaften teil, auch wenn sich der gewünschte Erfolg noch nicht ganz einstellte. An den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin verpasste er die Bronzemedaille in der Kombination um nur sechs Hundertstelsekunden und landete auf dem vierten Platz.
Albrecht wusste, dass er als Weltmeister in die Schweiz zurückkehrt
An der Weltmeisterschaft 2007 in Åre kam jedoch die Sensation: Daniel Albrecht wird Weltmeister in der Kombination, im Riesenslalom holt er Silber und mit der Mannschaft noch die Bronzemedaille – er füllt quasi alleine ein ganzes Podest.
Daniel Albrecht erinnert sich noch, dass er seinem Vater vor der Abreise nach Schweden gesagt hat: «Ich komme als Weltmeister heim!» Der Kombinationslauf zum Weltmeistertitel war denn auch ein volles Wagnis: Die Temperaturen lagen während der Abfahrt bei minus 15 Grad Celsius – er sei am Start fast erfroren, sagt Daniel Albrecht. Bei der Abfahrt wusste Albrecht auch, der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht viele Abfahrten gefahren war, dass er es einfach «tschädderen» lassen musste, sonst war ein Sieg nicht möglich; und schliesslich sei er zum Siegen angereist und nicht für ein Diplom, sagt Daniel Albrecht. Nach der Abfahrt war klar, dass nur noch drei andere Fahrer das Potenzial hätten, ihn mithilfe des Slaloms vom Podest zu stossen. Dies waren Marc Berthod, Didier Défago und natürlich Benjamin Raich. Albrecht wusste, dass wenn er Raich schlägt, er den WM-Titel holen würde. Er wusste auch, dass er nicht viel Vorsprung hatte, und so setzte er alles auf eine Karte.
«Diese Weltmeisterschaft war ein extremes Erlebnis, sehr positiv und mit vielen Emotionen. Als Weltcup-Neuling wusste ich, dass ich mit normalen Leistungen auf Platz zehn bis 15 fahren würde, mit etwas mehr Risiko vielleicht auf Platz fünf oder sechs. An Weltmeisterschaften zählen jedoch nur die Medaillen und natürlich der Sieg. Folglich liess ich das Taktieren sein und entschloss Vollgas zu geben.
Die Verhältnisse kamen mir ein Stück weit entgegen, weil der Schnee relativ aggressiv war und ich das gerne habe. Es war folglich, auch weil es vorher so gut gelaufen war und alles auf dem richtigen Weg war, ein unglaubliches Gefühl. Ich war völlig überzeugt von meinen Fähigkeiten und hatte ein einziges Ziel: Ich will gewinnen! Ich kam richtig in einen Flow, Schritt für Schritt, und das Gefühl wurde immer besser. Und ja: Wenn man Selbstvertrauen und Überzeugung hat ist vieles möglich.»
Erfolge im Weltcup kamen nach dem WM-Titel
Am 29. November 2007 konnte Daniel Albrecht bei der Super-Kombination in Beaver Creek den ersten Weltcupsieg für sich entscheiden; drei Tage später holte er sich noch den obersten Podestplatz im Riesenslalom. Ironisch bleibt, dass er zu diesem Zeitpunkt schon Weltmeister war.
Spätestens nachdem er 2008 noch den Riesenslalom in Sölden und Alta Badia gewonnen hatte, war Daniel Albrecht auf totalem Erfolgskurs. Selbst der Gesamtweltcupsieg schien möglich. Doch dann kam der grosse Schock: Beim zweiten Abschlusstraining auf der Streif, der Abfahrt von Kitzbühel, am 22. Januar 2009 stürzte Albrecht nach dem Zielsprung schwer. Mit 140 km/h hob er ab, flog 70 Meter durch die Luft und knallte aus fünf Metern Höhe ungebremst mit dem Kopf auf das Eis. Die Folgen: Ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit diversen Rissen und Blutungen und eine massive Lungenquetschung. Daniel Albrecht lag drei Wochen im künstlichen Koma. Eine lange Rehabilitationsphase folgte.