Didier Cuche: «Alles lief wie in Zeitlupe ab»
Sein Weltcup-Debüt gab Didier Cuche am 29. Dezember 1993 in der Abfahrt von Bormio. Nachdem er vor allem im Europacup zu finden war, holte er sich in seinem zweiten Weltcup-Rennen am 16. Dezember 1995 in der Abfahrt von Gröden mit dem 21. Platz zum ersten Mal Weltcuppunkte. Die Saison 1996/ 97 wurde jedoch abrupt unterbrochen, weil er sich im Trainingslager in Australien das Schien- und Wadenbein brach.
Die Verletzung ging tief und so war es umso bemerkenswerter, dass er zu Beginn der Saison 1997/ 98 gleich zweimal in die Top Ten fuhr. Die grosse Überraschung folgte aber am 23./ 24. Januar 1998, als Didier Cuche völlig überraschend die am ersten Tag durchgeführte Sprintabfahrt in Kitzbühel gewann. Diese Leistung bestätigte er am zweiten Tag in der regulären Hahnenkammabfahrt: Er fuhr auf den herausragenden zweiten Rang; Sieger der Abfahrt war Kristian Ghedina.
«Es war sicher ein sehr intensives Erlebnis. Im ersten Lauf ging ich in Führung, es herrschte also ein starker Druck, diese Leistung halten zu können. Auf der Streif ist alles möglich, aber ich musste im zweiten Lauf vorne bleiben. Der Sieg war eine riesen Erleichterung – einen Jubelschrei konnte ich nicht unterdrücken. Ich hatte Jahre dafür gekämpft und nicht zuletzt vor dem Hintergrund meiner Verletzung war es eine grosse Erlösung. Dass ich auch in der regulären Abfahrt mit nur 14 Hundertstel hinter Kristian Ghedina den zweiten Platz erreichte, war für mich eine Bestätigung,
dass ich keine Eintagsfliege bin.»
Der nächste Erfolg sollte an den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano gelingen. Er habe eigentlich gar nicht realisiert, dass Olympia anstand, vielmehr sei er im gleichen Rhythmus geblieben, sagt Didier Cuche. Im Abfahrtstraining fuhr er die schnellste Zeit und konnte sich somit einen Platz unter den besten drei erhoffen. Dass es aber im Super-G und nicht in der Abfahrt (achter Rang) klappen sollte, habe er nicht erwartet. Denn am 16. Februar fährt Didier Cuche im Super-G auf den zweiten Platz und holt sich eine olympische Silbermedaille!
Um den Millenniumswechsel setzte sich Didier Cuche oftmals zu stark selbst unter Druck und die grossen Erfolge blieben aus. Mit der Zeit stiess er neben den Speed-Disziplinen jedoch in den Riesenslalom vor. Und eine Leistungssteigerung war immer wie mehr ersichtlich. Ein erneuter
Höhepunkt bildete sein erster Sieg in einem Riesenslalom: am 5. Januar 2002 am Chuenisbärgli in Adelboden. Das Schweizer Publikum war begeistert, und nicht zuletzt zeigte Didier Cuche hier auch zum ersten Mal seinen notorischen «Skiflip», der zu seinem Markenzeichen geworden ist – eigentlich habe er nur den Ski aus der Bindung wegkicken wollen, jedoch habe dieser einen Salto gemacht.
«Im ersten Lauf bin ich regelrecht in einen Flow gekommen; die Realität habe ich fast nicht mehr wahrgenommen und alles lief wie in Zeitlupe ab. Ich hatte beinahe das Gefühl, dass es im zweiten Lauf nicht mehr reichen würde – erst im Nachhinein wurde mir meine Leistung bewusst. Als ich dann nach dem zweiten Lauf den Sieg in der Tasche hatte, herrschte im Ziel Volksfeststimmung. Ich habe sehr schöne Erinnerungen an diesen Tag.»
Obwohl Didier Cuche immer gute Leistungen zeigte, verschrieben ihm die Medien bald den Ruf des «ewigen Zweiten». Es sei schon ein Unterschied, ob man als der bezeichnet werde, der knapp am Sieg vorbeifährt, oder ob man als der ewige Zweite abgestempelt werde, sagt Didier Cuche. Nichtsdestotrotz gehöre dies nun einmal zum Geschäft und er habe sich mit der Zeit an das Eigenleben der Medien gewöhnt. Seine Erfahrung mit Kritik verarbeitete er anschliessend auch im Film «Le Doute» (Der Zweifel), der seine Zeit nach der Verletzung (Kreuzbandriss), die er sich im Training in Adelboden im Jahr 2005 zugezogen hatte, zeigt.
In der Saison 2006/ 07 kam Didier Cuche jedoch mit neuer Stärke zurück. Nach einem Weltcup-Sieg und mehreren Podestplatzierungen holte er sich den Gewinn des Abfahrts-Weltcups – viermal sollte er den Abfahrts-Weltcup in seiner Karriere gewinnen können. Nachdem Didier Cuche an der Weltmeisterschaft 2007 in Åre als Favorit in den Super-G gestartet war, jedoch nur auf den vierten Platz fuhr, war der Gewinn der Bronzemedaille im Riesenslalom eine grosse Überraschung – bis dahin war Cuche an Weltmeisterschaften stets erfolglos geblieben, umso grösser war die Genugtuung.
Den ganzen Eintrag von Didier Cuche und viele weitere Geschichten von Schweizer Goldmedaillen-Gewinnern gibt es im Buch: "Gold für die Schweiz".